Samstag, 20. Dezember 2008

Die Retter der Melancholie



Konzertkritik. Tomte zelebrieren große Gefühle im Colos-Saal


Manchmal ertappt man sich wieder in so einer Phase seines Lebens, in der man glaubt abgestumpft zu sein. Angst davor hat gefühlskalt und emotionslos zu werden. Wenn der berufliche Stress die Überhand gewinnt oder Alltagssorgen das Leben bestimmen. Erkennt man das früh genug und hat gleichzeitig dazu noch einen Hang zu guter deutscher Gitarrenmusik mit intelligenten Texten, dann sollte man ein Tomte-Konzert besuchen. Am vergangenen Freitag versammelten sich zahlreiche Indie-Anhänger und Deutsch-Pop-Publikum im Colos-Saal um Deutschlands Vorzeige-Indie-Rockband zu feiern, und mit ihnen in einem großen Bad der Gefühle zu schwimmen. Schon vom ersten Ton an, glaubt man Frontmann Thees Uhlmann sein ganzes Leben lang zu kennen. Hunderte Fans stimmen mit ihm den Eröffnungssong „Heureka“ aus dem Album an, und man spürt genau, dass es an diesem Abend ein leichtes Spiel für die sympathische Band auf der Bühne sein wird. Jeder Song wird mit offenen Armen (und Herzen) empfangen und aus munteren Kehlen mitgesungen. Selten hat man sich so mit einer Band und ihrem Protagonisten identifizieren können, selten hat man so kollektiv mit dem Publikum gelitten, gelächelt und getanzt. Tomte spielen an diesem Abend gefühlte tausend Lieder und ein Querbeet-Programm ihrer Schaffenszeit. Der Fokus liegt dennoch auf den aktuellen Werken „Buchstaben über der Stadt“ und „Heureka“. Und wenn Uhlmann mal einen Akkord daneben greift, sich für unlustige Witze entschuldigt und Anekdoten aus dem Leben, wie vorteilhaft eine Nasendusche sein kann, erzählt, glaubt man alles was man über den bodenständigen Indie-Papst liest und hört. Wer sich mit der intensiven Musik und den vertieften Strophen beschäftigt, erkennt einfach mehr als einen handelsüblichen Rocksong. Es steckt so viel mehr darin. Liebe zum Detail zum Beispiel. Und Message. Appelle an eine melancholische Generation, geleitet von verträumter intellektueller Musik. Lieder über Freundschaft und Liebe, oder dem schwermütigen Dasein in schwierigen Lebensabschnitten. Wenn eine Band Songtitel entwirft, wie „Es gibt nichts Schöneres auf der Welt als betrunken traurige Musik zu hören“, bedarf es keiner weiteren Erklärung. Im Publikum kullert die ein oder andere Träne, Männercliquen singen Textzeile für Textzeile in den Armen und verliebte Pärchen zelebrieren ihr glückliches Dasein bei einem innigen Kuss. Auf der Bühne zappelt Uhlmann mit seinen Mitstreitern um die Wette, wirkt hektisch, euphorisiert. Man glaubt ihm jedes Wort und leidet mit ihm mit, wenn er mit seiner Band nach der dritten (!) Zugabe wieder auf die Bühne kommt und Textzeilen wie „Weißt du was du mir bedeutest, in einem Platz auf meinem Herz“ in die Menge feuert. Textzeilen die sich wunderbar für Liebes-SMS oder Liebeskummerbriefe eignen. Es ist ein großartiges Konzert, und jeder wünscht sich es würde ewig so weitergehen. Nach über zwei Stunden ist dann Schluss und die Fans sind wieder allein mit ihrer Melancholie. Naja, so ganz allein natürlich nicht. Die Tomte-Platten stehen sortiert im Plattenschrank und ihre omnipräsente Musik berührt ein Leben lang.



Sonntag, 7. Dezember 2008

Zwischen Zimt, Lebkuchen und Mandarinen...

...liegt das Elend. Schaut nur genau hin. Ihr seit doch mittendrin.

Irgendwann haben wir die Erotik verlernt, denkt sie sich, während tausende von Samen weiße Gemälde auf ihr Gesicht projezieren.
Irgendwann haben wir die Erotik verlernt, denkt er sich, während er beim Abspritzen an seine Tochter denkt. Lisa, die ihm einen bläst, müsste in etwa in ihrem Alter sein. Zarte unschuldige 17 - und dann doch so versaut. Er hat sie auf dem Weihnachtsmarkt kennengelernt. Zwischen Glühweihnstand und Kastanienduft. Sie sah so unschuldig aus mit ihrer roten Mütze und ihrem treudoofen Gesichtsausdruck. Während er für seine Frau ein Lebkuchenherz kaufte, dachte er an spontanen Sex mit diesem kleinen Engel. Seine Geschäftsreise nach München würde morgen enden, warum sich nicht nach all der harten Arbeit noch einwenig Spaß gönnen.
Geschenke für die kleinen, hatte er schließlich bereits eingekauft. Die Verträge sind unterschrieben. Die Millionen sicher. Erfolg auf ganzer Linie. Ein Gewinnertyp. Und auch wenn er in einigen Monaten die 50 erreichen wird, hat er noch lange nichts von seinem Charme eingebußt. So wie früher, als er die kleinen dummen Gören in seinem Dorf in den Wald gelockt und vergewaltigt hat. Natürlich unter dem Vorwand des Alkohols. Schließlich war das alles abgesprochen. Wie jedes Weihnachten... .
Als er sie ansprach, roch sie nach frisch-geschälten Orangen. Die blinkenden Lichter des Weihnachtsmarktes zeichneten ihren goldbraunen Teint perfekt nach. Mit ihrem Lächeln konnte sie Weltkriege entscheiden. Sie war mit Freundinnen hier. Diese hätten sich aber mit einigen oberflächlichen Mackern vergnügt und seien jetzt in einem Club ganz in der Nähe. Sie wolle noch etwas auf dem Markt herumschlendern, bis ihre Abreise beginnt.
Er fühlte sich erinnert. Damals. Als kleiner Junge. Als für ihn Weihnachten die ganze Welt bedeutet hat. Als er seine erste ferngesteuerte Eisenbahn im Wohnzimmer anschließen durfte, und sein Vater ausnahmsweise auch mal lächeln konnte, wenn sein jüngster Sohn dankend seine Geschenke auspackte. Er erinnerte sich an Mutters Plätzchen und den harmonischen Duft in der Kinderstube. Wohlbehütet. Geborgen. Vergessen.
Für einen Bruchteil einer Sekunde, hätte er das Vorhaben abgebrochen. Doch was sind schon Erinnerungen gegen Triebe? Beide lauern in den fiefsten Synapsen des Gehirns, doch nur Triebe können sich bis zur Oberflächlichkeit durchsteuern und geben erst Ruhe, wenn sie befriedigt sind.

Während Lisa noch gedankenverloren von ihrem Abend erzählte, drückte er ihr mit seinem Wolfsblick 200 Euro in die Hände. "Gönn dir mal was schönes..." , hatte er gesagt. Wenige Blicke, sein After-Shave und die richtigen Sätze zur richtigen Zeit haben ihm schon immer dahin gebracht, wo er jetzt ist.
Zurück im Hotel verschonte er Lisa auch mit dieser ganzen Anti-Helden Theatralik. Ersparte ihr schlechten Gin aus der Minibar, überließ ihr die Initiative und war eigentlich ganz zufrieden damit, dass es ihn ganze 13 Minuten Überwindungskunst gekostet hat, diesen bildhübschen Engel mit in sein Zimmer zu nehmen. Ihr goldenes Haar war zu einem Zopf nach hinten gebunden. Ihre scharfen Wangenknochen skizzierten ein überdurchschnittlich-attraktives Wesen. Sie war die Unschuld. Doch in ihr war die Unschuld längst gestorben.

Während sie blies, dachte sie an Marc. Noch nie hatte sie einen Kerl so sehr geliebt wie ihn. Doch nachdem er in die Bedeutungslosigkeit abgedriftet war, schlechte Drogen konsumierte und seine Lebensbiographie mit belanglosen Charts-Partys zu Ende geschrieben wurde, wusste sie genau, dass sie dem ganzen entfliehen musste. Sie hatte sich erst zweimal prostituiert. Und sie hat es beide Male nicht bereut. Bei diesem charmanten älteren Herren musste sie einfach zuschlagen. Sie wusste genau, dass er bei seiner Frau keinen mehr hochkriegen konnte. Es war dennoch keine Verachtung, sondern ein leiser perverser Kick in ihrem Kopf. Als ihre Leidenschaft nicht mehr glühte. Als ihre Träume die grauen Wolken nicht mehr verdrängen konnten. Da war sie sich sicher. Mein Leben ist mehr wert als die Durchschnittlichkeit.
Sie schluckte also seinen Samen, reagierte gekonnt auf die hektischen Zuckungen seines Gliedes. Sie genoss es, während er die Augen schloss und in höhere Welten katapultiert wurde. Alles war positiv. Alles war schön. Später ein Glühwein um das nikotinschmeckende Sperma zu neutralisieren. Er zog sie in seine Arme. Gab ihr Wärme, die nicht ihr galt.

Zwei Körper zerstören die Unschuld. Ausgebrochen aus der Fassade. Getränkt in die Vernunft des Sex, der sie hätte elektrisieren sollen... .
Es beginnt zu schneien. Die Kirchturmuhr schlägt elfmal. Noch zwei Tage bis Heiligabend.
"Hier ist ein Spekulatius"
"Danke der Herr"
Und während beide das Elend fortsetzen, singen draußen die Kinder das Lied vom heiligen Jesus - der gekommen war, um die Menschen von dem Bösen zu erlösen.


Dienstag, 25. November 2008

AntiHelden lächeln authentischer...

Irgendwo zwischen Jammern und Ficken liegt dieses Leben.
Eine kleine Interpretation aus dem Offline Dasein unseres Protagonisten.
Er raucht, säuft und hurt. Und alle lieben ihn dafür. Weil sie es selbst nicht tun. 
Und weil niemand mit ihnen rauchen, saufen und huren möchte.
Also beschweren sie sich. Über dieses Leben. Das sie nicht mitgestalten. Sondern verurteilen. Elende Feiglinge!
Alles schläft ein. Macht regiert die Gepeinigten. Und die Menschen schlucken und kotzen. 
Und dabei lächelt uns der Tag so intensiv entgegen, wenn zwischen den Kaffeebohnen des Morgens ein Stück südländische Hoffnung liegt. Wenn wir das Aroma des Lebens einatmen und unseren Körper mit heißem Lebenssaft erfüllen. Dabei aber vergessen. Dass die Kinder rund um die Kaffeebohnen weinen und schwitzen. Schnell die Gedanken wechseln, denn es sind ja die anderen, die daran schuld sind. Die Konzerne und die Kaffee-Industrie. Wir schieben die Schuld auf die anderen. Dabei ist das Synonym für "andere" doch "wir". Wir schlucken und spucken. 
Genuss wird nicht mehr wahrgenommen. Egal, ob beim Trinken, Essen oder Ficken. Oder auch in der Liebe. Wir konsumieren bloß. Weil das eben so ist. Weil man das eben alles so macht... . 

Und irgendwann legen wir uns sterben. Wie Mumien. 
Jeder Tag ohne Lächeln ist ein verlorener Tag. Wieso erzählst du mir das, während du weinst. 
Wo ist die Stärke? Der Halt. Der Balsam. Erschaffe doch deine eigene Liebe. Realisiere dein Leben endlich. Bleib nicht liegen. 
Doch wir wenden uns im Sarg. In unserer Zwangsjacke, Material: Konventionen. Spielregeln, die durch da Unsichtbare aufgestellt werden. Und wir folgen ihr willenlos. Wir wollen gar nicht ausbrechen. 
Eigentlich fühlen wir uns doch auch ganz wohl in unserem Elend.
Es wäre doch schließlich langweilig, wenn die Sonne täglich scheinen würde...
Wo. wäre. dann. der. Grund. zum. Beschweren?

--
Stellt euch das mal vor. Eine Welt voller guter Laune? Wer würde als erstes Amok laufen? Derjenige der die Liebe zuerst für sich entdeckt? Dein Name heißt DU. Liebe den Schmerz. 
Danke deinem Mut aus allem auszubrechen... . Dann hast du es begriffen !

Sonntag, 23. November 2008

Umzug

Neulich im Café Nostalgia

"Hey du,

schön dich mal wieder zu sehen. Ich Hab Neuigkeiten für dich.

Ich bin nach längerer Suche endlich nach Sicherheit gezogen. !"

"Du wechselst aber häufig deinen Wohnort, hast du vor einem Monat nicht noch in Vertrauen und Sehnsucht gewohnt?"

"Ja, bin ziemlich viel rumgekommen die letzte Zeit. Hab auch ein paar Wochen in Leidenschaft, Leere, Vertrauen und Isolation genächtigt.

Für kurze Zeit hab ich auch eine Freundin In Depression besucht.

Aber die sind ziemlich überfüllt dort unten.

Haben überhaupt keine freien Wohnungen mehr. Hab nicht mal mehr eine WG gefunden, in der man sich ein kleines Zimmer teilen könnte.

In Depression zu nächtigen scheint heutzutage ziemlich trendy zu sein. Platzt aus allen Nähten. Vollkommen überfüllt."

"Und warum ziehst du jetzt wieder nach Sicherheit?"

"Ich denke, ich habe dort eine Chance neu aufgenommen zu werden.."

"Und ich dachte immer, in Sicherheit sei mehr los als in Depression! So rein vom Lifestyle."

"Du irrst dich. Es gibt noch einen weiteren Ort mehr, wo du nicht fündig wirst. Kummer - dort schlafen die Menschen bereits auf der Straße."

"Erschreckend, hätte ich nicht erwartet. Aber du.. ich muss mal weiter. War schön dich mal wieder gesehen zu haben. Sehen uns ja spätestens in "Himmel" wieder."

"Nein, dort war ich schon. War nichts für mich. Dort hat es mir überhaupt nicht gefallen. Bin zurückgekommen. Ich möchte noch einwenig die Welt bereisen, meine Endstation wird ohnehin Hoffnung sein, doch ich habe gehört der Weg bis dorthin sei schwer zu passieren...

...aber es ist das einzige Ziel das es sich langfristig zu bereisen lohnt."

Clownerie

Und heute nehme ich mir vor etwas Positives zu schreiben...

Ferien. Ein Morgenspaziergang. 11 Uhr morgens. Kaffejunkies und Finger-Food-Esser reihen sich in den Bäckereien der Fußgängerzone. Fast alle haben einen Job. Sind aber unzufrieden. Freizeit wird im Arbeitsamt nicht mehr vermittelt. Überall seh ich sie. Dicke Deutsche. Bemittleidenswerte Figuren mit abgekauten Fingernägel ihrer inneren Verzweiflung. Sie kauen an ihren Leberwurstbrötchen und stinken aus dem Mund. So muss das sein. Es war ja schon immer so. Ich setze mich auf eine Parkbank, studiere die Titelseite der Tageszeitung und schweife ab. Amokläufe. Junge Mütter die ihre Babys in die Mikrowelle stopfen. Steueraffären und Selbstmordattentäter. Coole Headlines. Der Zeitgeist wird eingefangen. Immer optimistisch denken. Lächeln. Sagt ja auch die Oma. Und die hat ja schon einen Weltkrieg hinter sich. Oma sagt aber auch, dass der dritte Weltkrieg das Leben ist. Der Alltag, so wie er hier stattfindet. Ekel. Gejammer. Und das trotz Wohlstand. Schleim auf den Straßen. Ich denke an Einsteins Worte, er wisse nicht wie der dritte Weltkrieg geführt wird, aber der vierte definitiv wieder mit Pfeilen und Bogen. Ein alter Bekannter grüßt mich. Fragt mir wie es geht. Die Speisereste zwischen seinen Zähnen stören mich. Ich antworte "Gut". Er mit "Muss muss". Ich mag ihn nicht. Er will mir von seiner Freundin erzählen, die er betrügt. Er versucht Pointen zu setzen, obwohl es gar keine gibt. Ich höre geduldig zu. Nachdem er abschweift wie cool es doch sei fremdzugehen, stopfe ich mir mein Croissant in den Mund und drehe mich von ihm weg. Ich starre in die Fressen eines lokalen Stadtpolitikers. Loser. Grenzdebiles Lächeln über Scheinfanatismus. Stummer Aktionismus und leere Parolen. Menschennähe wird versprochen. Aber von deinen unzählbaren anderen Kollegen auch, du Witzfigur. In Gedanken beginne ich einen Dialog mit ihm. "Wie fühlt es sich eigentlich an zu wissen, dass einen die eigene Familie. Tochter und Frau für einen Loser ohne Autorität halten. Einen Neo-Ü50-Moderno-Politiker der das Gespräch mit der Jugend sucht und sich dann am nächsten Morgen über den aggressiven Slang auf deutschen Schulhöfen wundert und blockiert. Verdorbene Jugend. Keine Ausbildungschancen. Plädoyer an die Lehrer. Macht das den ganzen Hauptschülern klar. Weg mit dem Dreck!
Nach der Arbeit lässt er sich von Paula einen blasen. Paula mag ihn nicht. Bekommt aber gutes Geld dafür. Die Familienidylle ist ohnehin längst hinüber. Die Frau des Weltverbesseres poppt ohnehin seit 2 Jahren mit seinem Busenfreund und Parteikollegen. Christliche Werte werden hier thematisiert. Demokratisiert. Hypnotisiert. Jesus vergibt euch alle Sünden. Einfach weiterpredigen. Weiterficken.
Ein Betrunkener kommt des Weges. Arme Sau. 11.13 Uhr. Zwei offene Bier in den Händen. Seine verwaschene Cordhose ist voll uriniert. Er kann nichts für sein Elend. Er ist ein Ausgestoßener. Trotzdem hasse ich ihn. Möchte ihm eine Minute lang helfen und ihn anschließend beleidigen. Weil er es nicht geschafft hat. Weil wir es schaffen müssen. Und wenn wir versagen, werden wir ausgestoßen.
Irgendwie vergeht mir die Lust, inmitten all dieser Menschen. Charakterlose Geister. Pickelige Grimassen auf weißer Haut. Deutsche Akne. Feinripp unter Ketschupfflecken. Handyoberschalenkäufer und MC-Donalds-Bäuche-Träger. Ich gähne. Verlange nach Unterhaltung. Ein freier Tag in der Stadt. Der Himmel bleibt grau. Gleich wird es regnen. Das Leben ist aufregend in einer Geisterstadt. Denke an Weihnachtsharmonie. Kekse und geblendete Bilderbuchfamilien. Triebgesteuerte Familienväter die, das Nachbarsmädchen bumsen wollen. Ich kaufe mir ein gutes Buch und fahre nach Hause. Möchte hier nicht sein.

Kalter deutscher Regen lässt mich erschaudern. Mein Bauch knurrt. Zu Hause stehen Sektenvertreter vor meiner Tür. Warte bis sie fort sind. Die Sektenvertreter steigen in ihren BMW und hören laute Popmusik. Das Leben ist ein Geschäft. Das Verlieren das Kapital. Und die Gewinner längst bankrott.

Ich wollte doch nur über etwas Positives schreiben!

Des Nachttänzers Leiden...

Spürst du das Leben?

Es sind die Schweißtropfen, die von der halogenbeleuchteten Halle auf dich tropfen, salziger Schweiß, der dich das Leben kosten lässt. So wie es schmeckt. Heiß. Anstrengend. Kurz. Blutig. Die verschwommene Szenerie nimmst du nur noch als Nebensache auf. Bagatelle. Demut. Zwangsneurotik.Tanzende schwitzende, sich aneinander reibende schlanke Körper, besessen von der Nacht und den Beats. Du wünschst dir in deinem Tun ermutigt zu werden. Du wünscht dir so sehnlichst endlich wieder fühlen zu dürfen. Irgendwas. Mit irgendwem...

In deinem Kopf explodieren die Endorphine. Deine unberechenbare Lust stützt sich auf die heiße Sehnsucht nach Ekstase und Adrenalin. Der Kick der Nacht wird spürbar. Du verausgabst dich. Gehst an deine Grenzen. Verzweifelst. Brichst zusammen.

Du wachst auf.

War es das wert? Dein nikotindurchtränkter Atem macht sich bemerkbar. Du ekelst dich vor dir selbst. Siehst eine verdreckte tote Gestalt im Spiegel. Das bist du. Sieh genau hin. Das bist du. Menschen die dich lieben sehen dich so. Menschen die dich verachten sehen dich so. Und liebst du dich selbst? Ekelst du dich vor dir? Manche Menschen sind längst tot, wissen es aber noch nicht... .

Und du sehnst dich zurück nach Betäubung und Schmerz. In all den Tanzhallen mit ihren kreisenden Lichtern und Effekten. Nach all den verschmutzten Toiletten und abgestandenen Bierbechern. Nach der Ablenkung. Der Gefahr. Der Betäubung.

Erstarrung. Deine Pupillen weiten sich. Du starrst in glänzend hübsche Gesichter. Wunderschöne Lippen erreichen deine Sehnsuchtsgrenze. Du starrst in glänzend hübsche Gesichter. Traurige Gesichter. Lähmendes Entsetzen während der nächste Hit durch deine Adern gepumpt wird. Die Beine bewegen sich expressiv im Rhythmus. Dein Herz bleibt stehen. Dies ist des Nachttänzers Leiden. Und die hübschen Gesichter leiden mit.

Die Nacht ist in Stunden zählbar.

Der Moment ist unendlich

Und dort drüben an der Ecke. Dort steht doch schon das Mädchen mit den „The Cure" Augen. Sie lächelt schüchtern. Du lächelst zurück. Ist es bedeutend? Lass uns das Leben an bedeutenden Sekunden messen… .

Ab Jetzt!

Du vergleichst dein Leben mit der Uhr. Es ist noch Zeit.

Im künstlichen Nebel versinkt dein wohlgeformter Körper.

In deinen Gedanken schnürt sich der Dornenkranz immer fester zu.

… weil du nichts mehr spüren willst.

… weil du nichts mehr spüren willst.

… weil du nichts mehr spüren willst.

Spürst du das Leben?

Ja.

Doch du tust alles dafür, es nicht mehr zu fühlen. Widerstand gegen Lebensbejahung.

Und die Würfel zeigen auf Null. Ignorieren den Alltag. Du beginnst mit den Klingen zu tanzen. Wir tragen kein weiß. Unsere Westen sind blutgetränkt.

Du stehst auf der Brücke.

Sie stehen auf der Tanzfläche

Und doch haben wir alle etwas gemeinsam.

Wir springen alle bei Nacht.

Virtuelle Schreie

Virtuelle Räume

entstehen und zerfallen

von Augenblick

zu Augenblick

Identität und Differenz

konstituiert und zersetzt sich

durch den Puls der Zeit

und durch die Einsamkeit

Eitelkeiten reiben sich

an Lumpenproletariern

der Maskenball ist längst schon

Teil des Alltagsspiels

Das Brüllen und das Kreischen

Geld und Krieg und Tod und Medien

übermalt von Urlaubsflüchtlingslagern

für den Konsumenten

Widerstand dagegen...

Gegen wen und gegen was?

ist Widerstand gegen sich selbst

ist kognitive Dissonanz

Rebellion ist Comedy

Anpassung ist Style

Der Tod ist ein Logo

und die Welt nur ein Symbol

Einladung in den Wahnsinn

Guten Tag meine Damen und Herren,

sie haben es tatsächlich geschafft, sich auf Umwegen auf diesen Blog zu verirren. Möglicherweise spielt Langeweile eine größere Bedeutung in Ihrem Leben, vielleicht auch nur plumpe Neu- oder Sensationsgier. Sie suchen Antworten? Unterhaltung oder trockenen Voyeurismus zur Befriedigung ihrer Sensationsgeilheit? Davon biete ich Interessierten gerne ein Stück vom Kuchen, auch wenn ich registrieren muss, dass das Medium Blog nichts Neues darstellt und ich zu spät dem Trend aufgseprungen bin.

Es gibt so viel spektakuläres, grausames, perverses und wunderschönes in den weiten Tiefen des Internets zu entdecken. Ich trage nun auch ein Stück dazu bei. Anarchie und Ethik. Darum geht es doch hier, oder?
So viele begnadete Autoren, Wortakrobaten und Querdenker. Und nun ich. Ein Spinner, der Gedanken publiziert, weil das eben heute so ist. Konstruierte Wortgewalt. Gefangen und manipuliert durch ein Medium, dass wir alle mitgestalten möchten.

Besonders freue ich mich auf Gleichgesinnte und Verrückte aller Art, die ihrem Leben eine größere Bedeutung schenken als stumpfer Konsum oder Gleichgültigkeit. Die begreifen können, dass der Lebensinhalt nicht durch Partys oder Wohlstand befriedigt wird. Und vor allem diejenigen, die ihrem Leben ein "mehr" an Bedeutung schenken, und sich ganz einfach nur Gedanken machen... .

Diese sind nachfolgend eingeladen, den Wahnsinn der sich Leben nennt, zu kommentieren.

Ich freue mich auf angenehme Gesellschaft... .